Hier mal ein kleines Beispiel dafür, dass man selbst ganz einfache Dinge, die man von einer KI erzählt bekommt, noch mal mit dem eigenen Gehirn kritisch überprüfen sollte.

Ich verwende in Gmail gerne allerhand Operatoren, um E-Mails nach bestimmten Kriterien zu suchen. Damit kann man ziemlich tolle Sachen machen. Ein Klassiker wäre z.B., sich sämtliche versehentlich archivierten E-Mails auflisten zu lassen, um diese dann schnell löschen zu können: has:nouserlabels -in:sent -in:chat -in:draft -in:inbox. Ich nutze das aber meist für trivialere Dinge wie is:inbox has:nouserlabels oder einfach nur is:unread.

Der unread-Operator ist gerade dann extrem nützlich, wenn man über sehr viele Label verfügt. Man bekommt hier die Möglichkeit, sich alle ungelesenen E-Mails aus allen Labels (die ja quasi Odner sind) an einem Ort anzeigen zu lassen.

Thunderbird kann das angeblich auch

Da ich solch ein Postfach seit ein paar Tagen in Thunderbird nutze, wollte ich Tante Google mal fragen, ob es eine ähnliche Technik nicht mittlerweile auch dort gibt.

Die Einstellung „Ungelesene Ordner“ kannte ich schon. Aber eben das wollte ich nicht haben. Eine Auflistung aller Ordner, in denen sich die ungelesenen E-Mails und auch noch Unterordner befinden, ist nicht wesentlich weniger nervig. Man spart lediglich etwas Zeit, um sich anschließend doch nur durch die gleiche Anzahl an Ordnern hindurch zu klicken.

Ich möchte alle ungelesenen E-Mails aus sämtlichen Ordnern und Unterordnern in nur einem Ordner angezeigt bekommen. So wie bei Gmail eben.

Also habe ich mal spontan nach thunderbird "is:unread" gegoogelt. Neuerdings bekommt man direkt über den Google-Suchergebnissen ja immer eine kleine Übersicht mit Dingen angezeigt, die Gemini dazu einfallen. Und was las ich da:

In Thunderbird, the term „is:unread“ is used within the search functionality to filter and display only unread emails. This is a quick way to isolate and focus on new or unread messages within your inbox or other folders.

Aha. Bei Mozilla hat man sich offenkundig gedacht, dass Thunderbird genau so eine geniale Suche auch vertragen könnte. Ich habe mich sofort wie ein kleines Kind gefreut. Juhu!

Scherz. 😄

Ich habe mich natürlich nicht wie ein kleines Kind gefreut, sondern mich wie ein Erwachsener geärgert. Da ich is:unread lange vor meiner Google-Suche längst ins Thunderbird-Suchfeld eingegeben hatte, wusste ich freilich sofort, dass Gemini die Kernaussage halluziniert, also komplett erfunden hat.

Interessant ist nun allerdings, wie einfach Gemini sich das hier zusammengesponnen hat. Hinter den Aussagen werden nämlich immer Links zu den entsprechenden Quellen angezeigt. Gemini nennt dort einen Artikel, in dem es darum geht, ungelesene E-Mails in Gmail zu finden. Und dort findet natürlich auch is:unread Erwähnung.

Was hat Gemini also gemacht? Es hat lediglich das Wort »Gmail« durch »Thunderbird« ersetzt und wollte mir so vorgaukeln, dass Thunderbird über exakt die gleiche Funktionalität verfügt wie Gmail.

Ganz schön plump.

Beim zweiten Mal schon besser – aber nicht intelligent

Ich konnte mir allerdings nicht vorstellen, dass Gemini meine Intelligenz derart beleidigt und mir solch einen Quatsch noch mal erzählt. Also habe direkt einen weiteren Tab aufgemacht und das Gleiche noch mal gesucht.

Tatsächlich, dieses Mal war die Antwort deutlich besser, auch wenn die vorgeschlagene alternative Vorgehensweise natürlich nicht das ist, was ich gesucht habe. Wäre Gemini tatsächlich intelligent, hätte es das vorher wissen müssen:

In Thunderbird, „is:unread“ is not a standard search filter like it is in some other email clients like Gmail. However, you can achieve a similar result by using the Quick Filter toolbar or by using a combination of search terms

Ich möchte nicht wissen, wie viele Menschen bei ganz anderen Sachverhalten nicht noch mal einen zweiten Tab aufmachen. 🙄